Schimpansen in Sierra Leone: Tacugama Sanctuary

Schimpansen sind das Nationaltier von Sierra Leone. Rund 6000 Schimpansen leben in den Wäldern und Regenwäldern in dem westafrikanischen Land. Immer wieder jedoch kommt es zu Vorfällen mit Menschen, etwa wenn Schimpansen Opfer von aufgestellten Fallen, Muttertiere gewildert oder Baby-Schimpansen als Haustiere gehalten werden. Um verletzte, verwaiste und misshandelte Schimpansen kümmert sich das Team im Tacugama Chimpanzee Sanctuary. Hier leben rund 115 Schimpansen teilweise semiwild. Sie sollen einmal ausgewildert werden – wenn irgendwann ein sicherer Ort für die Menschenaffen gefunden wurde. Touristinnen und Touristen können die Tiere besuchen.


Hinweis in eigener Sache: 

Meine Reise nach Sierra Leone war eine Pressereise, die ich in meiner Rolle als Journalistin und Reporterin für das RedaktionsNetzwerk Deutschland und den reisereporter wahrgenommen habe. Flug, Unterkunft, Verpflegung und die meisten Aktivitäten wurden vom Tourismusbüro Sierra Leones finanziert. Verpflichtungen waren an die Pressereise nicht gebunden. Diese Texte sind erschienen: Sehenswürdigkeiten in Sierra Leone / Sierra Leone: Afrika für Einsteiger

 
   

Tacugama und Schimpansen-Botschafter Bruno

Einer der berühmtesten Einwohner Sierra Leones ist kein Mensch, sondern ein Schimpanse. Bruno! Bruno ist so etwas wie der heimliche König von Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone. Er markiert den Beginn des Schimpansen-Schutzes in dem westafrikanischen Land, ihm ist die Rettungsstation Tacugama zu verdanken und wohl auch, dass der Schimpanse offiziell Wappentier von Sierra Leone ist und damit um Touristinnen und Touristen geworben wird. 

 

1989 war Bruno noch ein Baby, als er auf einem Markt verkauft wurde. Der kleine Schimpanse hatte seine Mutter an Wilderer verloren und wurde nun als Haustier beworben. Er war an einen Baum gebunden und der Sonne ausgesetzt, fast verdurstete er. Bala Amarasekaran, ein Singhalese, der als Teenager nach Sierra Leone kam, fand das Baby. 20 US-Dollar zahlte er aus Mitleid mit dem Tier. Er nannte den kleinen Affen Bruno und Bruno lebte mit Bala und seiner Frau Sharmila in deren Wohnung.

 

Nach und nach fanden sie auf Märkten immer mehr kleine Affen und ehe sie sich versahen, lebten in dem kleinen Haus am Stadtrand von Freetown nicht mehr nur zwei Menschen, sondern auch acht Schimpansen, die beachtlich wuchsen. 

 

Mithilfe von Jane Goodall, der weltberühmten Schimpansenforscherin, kam die Idee auf, Tacugama zu gründen, ein Schutzgebiet für verletzte und verwaiste Schimpansen und jene, die als Haustiere gehandelt wurden. Dort sollen die Schimpansen ein semiwildes Leben führen, bis es irgendwann möglich ist, sie auszuwildern, ohne dass sie Gefahren wie Wilderei oder Bedrohung durch geringer werdenden Lebensraum ausgesetzt sind. Bala kündigte sogar seinen Job, um sich Vollzeit um die Schimpansen zu kümmern. 

 

Brunos Geschichte endet allerdings nicht in Tacugama. 2006 brach eine Gruppe von 31 Schimpansen aus Tacugama aus. Sie töteten einen Taxifahrer und verletzten einen amerikanischen Touristen schwer. Mit der Zeit kehrten 27 der 31 Schimpansen zurück, doch Bruno war nicht dabei. Aber Bruno lebt wohl noch, in Freiheit: Kamerafallen belegten, dass er sich einer Gruppe wildlebender Schimpansen angeschlossen hat. 

 

Obwohl Bruno für den Tod eines Menschen verantwortlich gemacht wurde, hat er Kultstatus in Sierra Leone. Er hat es geschafft, was jahrzehntelang unmöglich schien, nämlich, dass Schimpansen eine Agenda haben. 


Schimpansen in Sierra Leone: Das Nationaltier

Geschätzt 5500 bis 6000 Schimpansen leben in Sierra Leone in freier Wildbahn in den Wäldern. Sie sind die nächsten Verwandten des Menschen – 98,6 Prozent unserer DNA ist mit der von Schimpansen identisch. 

 

Doch das Leben der Affen ist alles andere als einfach. Sie müssen mit immer weniger Lebensraum auskommen, weil die Menschen sich ausbreiten und Wälder roden. Dadurch nehmen Konflikte mit Menschen zu, weil Affen etwa Ernten essen oder Kinder angreifen. Auch die Wilderei ist immer noch ein großes Thema: Das Fleisch von Schimpansen dient einigen noch als Nahrung.  

 

Erst 2019 wurde man sich in Sierra Leone bewusst, welch einen Schatz man hier hat. Immerhin leben in nicht einmal mehr 20 Ländern weltweit Schimpansen in freier Wildbahn. 2019 wurden sie anlässlich eines erneuten Besuches von Jane Goodall zum Nationaltier, sind seither auch auf dem Pass abgebildet. 

 

Einen wild lebenden Schimpansen in Sierra Leone zu sehen, ist allerdings gar nicht so einfach. Die Hälfte der freilebenden Tiere hält sich in Schutzgebieten wie Nationalparks auf, die andere Hälfte in nicht geschützten Regenwäldern. Vor allem in den Nationalparks Gola, Tiwai Island, Loma Mountains und Outamba-Kilimi bestehen Chancen, die Tiere zu sehen, auch rund um Tacugama gibt es einen Wald, in dem eine Population (mit Bruno) lebt. Allerdings sind sie nur super schwer zu sehen, weil sie Tausende Versteckmöglichkeiten haben, Menschen fürchten und viele Teile der Regenwälder nicht zugänglich sind.


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Tacugama: Heimat von mehr als 100 Schimpansen

Mehr als 100 Schimpansen haben in Tacugama eine Heimat gefunden. Eigentlich sollte es nur vorübergehend sein, doch derzeit ist es nicht möglich, die Tiere auszuwildern, weil die Gefahren zu groß sind. 

 

In Tacugama werden die kleinen Affen, wenn sie ankommen, erst einmal in Quarantäne gesteckt. Schimpansen, die schon selbstständig sind, können dann in bestehende Gruppen integriert werden. Babys, die noch auf ihre Mama bzw. Ersatzmama angewiesen sind (die ersten vier, fünf Jahre) bleiben bei dem Team von Bala. 

 

Drei Frauen versorgen die Babys auf der Quarantänestation. Mama P. ist dabei zum Gesicht von Tacugama geworden. Die Seniorin hat einst im Dorf Schwangeren bei der Entbindung geholfen, als eine Art Hebamme. Nun kümmert sie sich um die Affenbabys und sagt, dass das gar nicht so anders ist als sich um Menschenbabys zu kümmern. Sie gibt ihnen Milch aus der Flasche und übt mit ihnen das Klettern in den Bäumen des Reservats, damit die Tiere selbstständig werden. 

 

Nebst der Quarantänestation gibt es drei Bereiche, in denen die Schimpansen wohnen. Je älter sie werden, desto weiter rutschen sie in den "Selbstversorger-Bereich". Es gibt ein eher kleineres Gehege für die Neuankömmlinge nach der Quarantäne. Hier werden die Tiere noch durchgängig versorgt. Sie sind tagsüber in dem Gehege, das nur etwas größer ist als in einem gängigen deutschen Zoo. Nachts kommen sie ins Affenhaus in Boxen. 

 

Weiter geht es in einen Auslaufbereich mit deutlich mehr Versteck- und Klettermöglichkeiten. Hier finden sich zahlreiche Bäume und die Affen können sich tagsüber auch von dem ernähren, was sie so vorfinden. Daher wird hier auch nur noch zugefüttert. Die Nächte verbringen die Tiere im Affenhaus. 

 

Der derart letzte Bereich ist der semiwilde, in dem Schimpansen selbst entscheiden, wo und wie sie leben. Es gibt ein größeres Waldstück, in dem sie sich frei bewegen können. In der Nacht steht ihnen das Affenhaus offen, aber sie können auch draußen bleiben.

 

Alle Tiere, die in diesem Bereich leben, könnten theoretisch ausgewildert werden – sie würden in freier Wildbahn überleben. Doch es gibt zu wenig geschützte Gebiete, in denen die Tiere unterkommen können und vom Menschen nicht bedroht wären. Und genau dort, wo man sie schützen könnte, leben schon so viele andere Schimpansen, dass es zu Revierkämpfen kommen würde. 

 

Bala macht der Regierung seit Jahren Druck, dass neue Schutzgebiete ausgewiesen werden, um die Tiere auswildern zu können. Denn langsam kommt Tacugama an die Kapazitätsgrenze. Immerhin können Schimpansen bis zu 40 Jahre alt werden. Doch bisher hat er keine Lobby dafür.

                                                 

Das wichtigste auf einen Blick

Eintritt: 200.000 Leones (10 Euro)

Ort: circa 45 Minuten außerhalb von Freetown
Anreise: Taxi oder ÖPNV

Führungen: 10.30 Uhr, 12 Uhr, 14.30 Uhr, 16 Uhr 
Sehen: Mehr als 100 Schimpansen

Internet: www.tacugama.com

                                             
                                                                                                 

Tacugama: Dein Besuch bei den Schimpansen

Tacugama ist einer der beliebtesten Touristenspots in Sierra Leone, sowohl für Einheimische wie auch für Ausländerinnen und Ausländer. Am besten meldest du dich vorab online an, damit bei der Führung auch Platz für dich ist. Der Eintritt kostet 200.000 Leones, umgerechnet etwas weniger als 10 Euro. 

 

Führungen gibt es viermal am Tag. Sie starten um 10.30 Uhr, 12 Uhr, 14.30 Uhr und 16 Uhr und dauern jeweils eine Stunde. Sie starten am Infohäuschen, in dem man auch Souvenirs kaufen kann und Snacks und Erfrischungsgetränke bekommt.

 

Die Touren führen zu zwei beziehungsweise drei Gehegen, je nach Uhrzeit. Die Quarantänestation und ein Gespräch mit Mama P. ist nicht möglich – für mich ging das nur im Zuge meiner Arbeit als Journalistin. 

 

Mein Tipp: Nimm die Tour um 10.30 Uhr oder um 12 Uhr. Die Schimpansen sind dann draußen und aktiver. Bei der 16-Uhr-Tour haben wir fast alle Tiere nur noch im Affenhaus gesehen, was das Erlebnis deutlich schmälert. Außerdem wird bei der 16-Uhr-Runde der letzte semiwilde Bereich gar nicht mehr angesteuert. Wir hatten somit eher eine Zoo-Erfahrung, als dass wir die tatsächliche Conservation-Arbeit kennengelernt haben. 

 

Die meisten Besucherinnen und Besucher kommen als Tagesgäste, denn Tacugama ist ab der Hauptstadt Freetown gut erreichbar. Offiziell gehört Tacugama noch zu Freetown, doch es liegt rund 10 bis 15 Kilometer südöstlich in einem Waldgebiet. Man kann die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, sowohl Minibusse (Poda Poda, Shared Taxi) als auch einzelne Transportmöglichkeiten (Tuktuk, Moto-Taxi) bis Regent - und ein weiteres zum Congo Dam / Tacugama. Oder man nimmt direkt ein Taxi. Die Fahrzeit liegt bei rund 45 Minuten.


Boma im Regenwald: Übernachten in Tacugama

Wie bereits geschrieben, besuchen die meisten Menschen Tacugama als Tagesausflug. Durch die Nähe zu Freetown ist das gut machbar. 

 

Allerdings hat Bala auch eine wundervolle Eco Lodge geschaffen, die allerdings wie für Sierra Leone leider typisch nicht unbedingt günstig sind. Sie befindet sich direkt nebenan mitten im Wald. 


Es gibt sechs kleine Hütten, Bomas, die nach einheimischer Tradition gebaut sind. Sie sind mit Betten, Moskitonetzen und Strom ausgestattet und liegen alle außerhalb von Sichtweite zu einander im Dschungel. Es ist herrlich! Man kommt gut zu Fuß zum Restaurant, zu einer Chill-Out-Area, wo man auf der Terrasse sitzen und in Hängematten liegen, in den Regenwald schauen und mit etwas Glück wilde Tiere sehen kann (manchmal kommen frei lebende Schimpansen vorbei), und zum Infohäuschen.

 

Die Hütten in der Eco Lodge kosten zwischen 90 und 150 US-Dollar pro Nacht, das Frühstück ist inklusive. Immerhin: Das Geld wird für die Arbeit von Tacugama genutzt und kommt damit direkt den Schimpansen zugute.   

 

Ein Besuch über Nacht eignet sich für alle, die etwas Ruhe vom Trubel haben wollen, die mitten in der Natur leben wollen und nichts gegen tierische Begegnungen haben. Mit Glück haust am Abend ein Bushbaby auf deiner Terrasse oder du läufst einem Schimpansen über den Weg. Schmetterlinge und Insekten wirst du auf jeden Fall sehen. Wenn du mehr Zeit in Tacugama verbringst, kannst du einen der Wanderwege etwa zu einem Wasserfall gehen oder ein Krio-Dorf besuchen (kostet extra).


Besuch bei den Schimpansen in Tacugama: Mein Fazit

Für mich war Tacugama eine eher zwieschneidige Erfahrung. Zum einen finde ich es toll, wie Bala, Mama P. und die anderen Helferinnen und Helfer sich um die Tiere kümmern. Andererseits habe ich bei meinem Besuch vor allem Schimpansen in engen Boxen gesehen, weil wir erst am Nachmittag angekommen sind. 

 

Ich glaube, dass Tacugama ganz wertvolle Arbeit macht und dass es sich lohnt, das Projekt zu unterstützen. Ich würde beim nächsten Mal auf jeden Fall eine der beiden früheren Touren machen, um mehr von den Schimpansen sehen zu können und sie eben nicht nur hinter Gittern in ihrem Nachtquartier zu beobachten. Das war einfach sehr Zoo-Like für mich.

 

Die Eco Lodge waren die schönsten Unterkünfte meiner gesamten Reise in Sierra Leone (wenngleich Preis-Leistung wie überall in Sierra Leone nicht gepasst haben). Wer die Übernachtung als eine Art Spende sieht, wird hier eine wundervolle Zeit verbringen. Einzuschlafen zum Gebrüll von Schimpansen und wilden Affen ist etwas ganz besonderes!


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