Physik, Strand und koloniales Flair: die Roça Sundy

Die Roça Sundy ist ein historischer Ort auf Príncipe, der nördlichen Insel von São Tomé und Príncipe. Während der Kolonialzeit fand sich hier die größte Plantage der Insel. 1822 begannen die Portugiesen, hier Kakao anzubauen - damit war es die erste Kakaoplantage des Landes. Auch Bananen und anderes Obst und Gemüse wurde auf dem riesigen Areal angepflanzt. Heute leben noch 420 Menschen in Sundy, in Häusern, die einst für Sklaven und später für Arbeiter vorgesehen waren. Inzwischen ist das Herrenhaus ein Hotel und der Strand einladend. Übrigens passierte hier auch etwas Historisches: Bekannt wurde der Ort, weil hier die Relativitätstheorie von Albert Einstein verifziert wurde.


Im Norden von Príncipe, nur rund acht Kilometer von der Hauptstadt Santo Antonio entfernt, liegt das Dorf und Gelände Sundy. Die Siedlung entstand, nachdem die Portugiesen hier 1822 die erste Kakaoplantage auf ganz São Tomé und Príncipe errichteten, später wurde hier auch Kaffee angebaut. Viele der alten Gebäude sind noch erhalten, wenn sie auch nach und nach verfallen. Seit wenigen Jahren gibt es im Herrenhaus, schräg gegenüber stehen die ärmlichen Häuser der einstigen Arbeiter und deren Nachfahren. Rund 420 Menschen haben hier dauerhaft ein Zuhause gefunden.

Das Herrenhaus der Roça Sundy

Durch den Eingang zur Siedlung hindurch, das Ortsschild passiert, führt ein Weg geradeaus auf ein hübsches weißes Haus zu: das einstige Herrenhaus der Roça Sundy. Treppen führen zum Eingang. Im Erdgeschoss findet sich heute die Rezeption des Hotels. Im einstigen Plantagenhaus gibt es neun Zimmer, im Herrenhaus sechs.

 

Vorweg: Die Zimmer sind sehr großzügig, hell und hübsch gestaltet - kosten zwischen 200 Euro (Plantagen-Haus) und 600 Euro (Suite) - und man hat einen tollen Ausblick.  Bis vor wenigen Jahren konnte man das Herrenhaus noch besichtigen, das geht jetzt nur noch so halb, denn natürlich kann man nicht einfach die Gästezimmer stürmen.

 

Früher war es ein Tipp, in das einstige Schlafzimmer nach oben zu gehen und den Blick über das Meer zu genießen. Ich habe nett gefragt an der Rezeption und da ein Zimmer gerade geputzt wurde und niemand darin wohnte, konnte ich einen Blick von der Terrasse wagen. Allerdings fand ich es jetzt nicht so erstaunlich und faszinierend, wie in meinem Reiseführer stand - es war so dicht bewachsen, dass ich nur einen Mini-Streifen Meer sehen konnte.

 

Einige der alten Dinge sind aber noch verblieben, etwa die Treppe, die hinaufführt zu den Zimmern. Oder der alte Boden mit dem auffälligen Muster. Der zieht sich durch das gesamte Gebäude, auch im Restaurant und in der Bar, die von der Eingangshalle aus links hinten abgehen, ist der Boden noch erhalten. Die Möbel indes wurden ausgetauscht, einige sind allerdings dem Original nachgebaut worden.  

Das Gelände der Roça Sundy

Das Gelände der Roça Sundy ist enorm groß. Ich gehe in diesem Kapitel auf den bewohnten Teil ein, der auf der Anhöhe liegt, wo auch das Herrenhaus steht. Im Kapitel zum Strand erfahrt ihr noch ein bisschen was zur Plantage selbst. 

 

Auf dem Gelände fand sich früher einst alles, was man so brauchte: eine Kirche, eine Schule, ein Krankenhaus, eine Bibliothek und die Chocolateria. Viele der Gebäude sind noch erhalten, von innen kann man sie aber leider nicht mehr anschauen. Es gibt im Dorf wohl Menschen, die einen Schlüssel für die Kirche haben, das habe ich aber nicht versucht. 

 

Links am Eingang stand früher das Krankenhaus, geblieben ist angeblich nur ein alter Zahnarztstuhl - den ich allerdings nicht gesehen habe. Daneben steht heute eine Schule, die noch immer in Betrieb ist. Es schließt sich das Feld an, auf dem Eddington aktiv war - dazu im nächsten Kapitel mehr! Gerade aus, den alten Schienen folgend, führt der Weg zum Herrenhaus. Zur linken Seite stehen die alten Ställe, davor auch eine Glocke, die daran erinnert, dass die Sklaven einst dem Rhythmus ihrer Herren ausgesetzt waren, zur rechten ziehen sich weitere Gebäude, dort wird heute gekocht und die Wäsche der Hotelgäste gewaschen.

Auffällig ist die große Mauer, die es hinten rechts vom Eingang aus gesehen gibt. Daneben steht zum Meer hin die kleine Kapelle, ins Landesinnere hin befindet sich die Siedlung. Dort findet auch heute noch reges Treiben statt, allerdings mag ich es nicht, in private Wohnbereiche vorzudringen, deshalb habe ich mich anders als andere Touristen dagegen entschieden, dort durch zu gehen. Auf der Rasenfläche zwischen Herrenhaus/Kolonialhäusern und Siedlung spielten Kinder Fußball, außerdem spenden ein paar Bäume Schatten.  

 

Auf dem Eingang zur rechten Seite, zwischen Siedlung und Tor, finden sich noch einige alte Funktions-Gebäude, etwa Ställe, die Bibliothek und die Schokoladenfabrik. 

 

Ich habe einen Rundgang gemacht, das dauert nicht sonderlich lange, insgesamt habe ich mich glaube ich eine Stunde auf dem Gelände aufgehalten, inklusive Besuch im Herrenhaus - und das war schon eher viel Zeit. 


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Roça Sundy: Einsteins Relativitätstheorie wird bestätigt

1919 war es Arthur Eddington, der auf Príncipe, genauer gesagt hier auf der Roça Sundy den Beweis erbrachte, dass Alfred Einsteins Relativitätstheorie stimmt. Der Physiker und Mathematiker war Sekretär der Royal Astronomical Society und hatte nicht nur Zugriff auf Einsteins Theorie - sondern konnte sie auch verstehen - und wurde zu einem großen Befürworter.

 

Daher war es auch er, zusammen mit seinem Kollegen Frank Watson Dyson, der den empirischen Beweis liefern wollte, und das am 29. Mai 1919 bei der totalen Sonnenfinsternis auf Príncipe. Ich verstehe nicht allzu viel von der Relativitätstheorie, aber Eddington machte wohl Foto-Aufnahmen, die als Beweis für Einsteins Theorie über das Newtonsche Modell galten und die Krümmung des Lichts um die Sonne zeigten. Eddington nutzte die Aufmerksamkeit, und warb weltweit für das Modell. Eddingtons Messungen waren damals eher schlecht, aber 1979 wurde sein Ergebnis mit besserer Technik bestätigt. 

 

Der Ort, an dem die Beobachtung stattfand, ist heute eine Rasenfläche. Ein Turm erinnert daran. Rund um das Herrenhaus finden sich zudem Erinnerungstafeln und Erklärungen, was sich damals abgespielt hat. 

 

Inzwischen spielt Eddington und seine Expedition eine große Rolle auf Sundy. Es hat sich eigens ein Sundy Science Space gegründet, wo Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum Thema Weltraum und Physik lernen. Es gibt kurze bis mehrtägige Touren, die man buchen kann, eine Website informiert. 

Schildkröten und Dschungel: Praia Sundy

Zur Plantage gehört auch ein Abschnitt am Strand, der ist aber ein gutes Stück entfernt vom Herrenhaus - und liegt vor allem deutlich tiefer. Wer faul ist, kann sich einfach hinunter fahren lassen, es gibt einen ausgebauten Weg durch die Plantage dorthin, aber auch zu Fuß ist die Strecke gut machbar.

 

Vor dem Herrenhaus stehend rechts ist am Ende des Geländes auf der linken Seite eine kleine Kapelle zu sehen, links davon geht ein kleiner Weg hinunter Richtung Plantagen-Dschungel. Zunächst handelt es sich noch um einen gepflasterten Weg, der hin und wieder ein klein wenig steil ist. 

 

Leider führt der Weg auch direkt an der "Toilette" vorbei. Plötzlich schwirren Dutzende Mücken um einen herum und es stinkt bestialisch, da hilft nur Nase zuhalten und schnell weitergehen. Es ist zum Glück auch nur auf wenigen Metern so. Nach einer Weile führen Treppenstufen hinunter, danach beginnt der übliche Trampelpfad, der aber gut erkennbar ist. Eine kleine Schlange habe ich am Weg gefunden, ansonsten aber auch immer wieder Menschen getroffen, die Kakao oder Bananen oder anderes Gemüse/Obst geerntet haben - oder ebenfalls auf dem Weg zum Strand waren (bzw. dort herkamen). 

 

Der Weg mündet in besagten ausgebauten Weg, auf dem auch Autos fahren können und wer hier nach links abbiegt, hat es dann nach rund 20 Minuten auch fast geschafft. Es geht nur durch das Gate der unteren Hotelanlage der Plantage, der Sundy Praia Lodge mit 15 luxuriösen Zelten, und von dort aus via Restaurant und Pool zum Strand. 

Die Praia Sundy ist nicht der schönste Strand, den ich auf São Tomé gesehen habe, aber wer ohnehin auf der Plantage ist, kann sich die Zeit auch nehmen. Durch die Hotelanlage ist der Strand gepflegt und es gibt auch eine Bar, wo man sich was zu essen oder trinken kaufen kann. Dazu hängen ein paar Körbe in den Bäumen, in denen man chillen kann. 

 

Die Praia Sundy ist ein Schildkröten-Strand, das heißt, hier kommen Schildkröten zur Eiablage an den Strand. Deshalb findet man im Bereich, wo der Strand in den Wald übergeht, auch immer wieder Holzbalken im Sand stecken - der verweist darauf, dass sich hier ein Schildkröten-Nest befindet und 80 bis 150 Eier hier vergraben liegen. 

 

Das Wasser fand ich sehr angenehm, allerdings war es zum Schnorcheln zu trüb. Deshalb habe ich mich nur kurz erfrischt und bin ein wenig spazieren gegangen. Nachher war ich von den Fotos auch ein wenig erstaunt - dort sah die Praia Sundy deutlich farbintensiver und schöner aus, als ich es vor Ort wahrgenommen habe. 


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Kommentare: 8
  • #1

    David Schmid (Montag, 05 Oktober 2020 15:25)

    Wieder ein spannender Beitrag, vielen Dank! Das ist wirklich erlebte Geschichte, von den Sklaven bis zu Albert Einstein. Toll!
    David von https://www.photoschmid.com/

  • #2

    Jaimees Welt (Montag, 05 Oktober 2020 15:36)

    Die Geschichte um Einsteins Relativitätstheorie finde ich interessant! Ich mag solche Orte gern, an denen irgendetwas Geschichtsträchtiges stattgefunden hat und wenn es nur der Beweis einer Theorie war! Auch sonst gefällt mir dieses Anwesen mit dem alten Fußboden sehr! Da hast du wieder spannendes erlebt!

    Liebe Grüße
    Jana

  • #3

    Bettina Halbach (Montag, 05 Oktober 2020 15:51)

    Liebe Miriam, was für ein schöner und ausführlicher Beitrag vielen Dank dafür, ich finde das Herrenhaus wunderschön. Und habe es richtig genossen deinen Bericht zu lesen. Besonders überrascht war ich vom Schildkröten Dschungel und von Albert Einstein. Must visit � liebe Grüße Bettina

  • #4

    Annette Dr. Pitzer (Montag, 05 Oktober 2020 15:53)

    Liebe Miriam,
    ein wundervolles Herrenhaus. Schade, dass Du die Chocolateria nicht besichtigen konntest. Aber es gab ja auch so viel zu erkunden und zu sehen.
    Alles Liebe
    Annette

  • #5

    Bea (Montag, 05 Oktober 2020 15:57)

    Na siehste... wieder was gelernt! Das wusste ich natürlich alles nicht! Sehr interessant! Dort kann man also im Urlaub auch noch Physik lernen und erleben! Das wäre sicher sehr interessant für meine Jungs.

    Lieben Gruß, Bea.

  • #6

    Gedanken Vielfalt (Montag, 05 Oktober 2020 15:58)

    Huhu,

    wieder sehr gute Fotos. Ich wusste das mit Albert Einstein nicht.

    Weißt du was lustig ist? Das Gelände vom Herrenhaus erinnert mich total an Tomb Raider dem Video Spiel, da schaut es auch immer so aus. :-)

    LG
    Steffi

  • #7

    Monique Meipunkt (Montag, 05 Oktober 2020 15:59)

    Liebe Miriam,
    wieder einmal habe ich mein Wissen aufpolieren können. Ich wusste gar nicht, wo Albert Einsteins Relativitätstheorie verifziert wurde. Super interessant.
    Schade, dass einige Gebäude nicht mehr besichtigt werden können. So eine Bibliothek hätte mich brennend interessiert.
    Vielen Dank für diesen informativen Einblick auf dieses Stückchen Erde.

    Liebe Grüße,
    Mo

  • #8

    Claudia (Samstag, 10 Oktober 2020 20:20)

    Ich liebe Beiträge über das Reisen. :-) Die Eindrücke vom Erlebten, die Bilder ein Traum. Ich reise gerne mti dir mit. Liebe Grüße Claudia