Hipp Hipp Hurra - 17. Mai, Norwegen feiert Geburtstag

Norwegen am 17. Mai, das ist nicht das Norwegen, das man sonst so kennt. Aber der Tag erzählt viel über das Land und seine Menschen. Der 17. Mai ist für die Norweger der wichtigste Tag des Jahres. Er ist immer und landesweit Feiertag und man verbringt quasi den ganzen Tag draußen, zuerst beim gemeinsamen Frühstück mit Nachbarn, dann mit zahlreichen Umzügen durch Klein- und Großstädte und später mit Freunden und Familie etwa beim Grillen oder auf den Schulhöfen mit den Familien der Klassenkameraden. Überall treffen alt und jung zusammen - und überall werden Flaggen geschwenkt. Die Feierei beginnt übrigens schon am Tag davor - auch da ist gemeinsame Zeit angesagt.


Nationalfeiertag Norwegen: Das wird am 17. Mai gefeiert

Am 17. Mai feiert Norwegen seine Verfassung, deshalb wird der Tag auch "Grunnlovsdag" genannt. Der Tag ist nicht mit der Unabhängigkeit Norwegens gleichzusetzen, die faktisch erst 1905 eintrat. Am 17. Mai 1814 tagte die verfassungsgebende Versammlung von Bürgern, verabschiedete das neue Grundgesetz, das bis heute Grundlage des norwegischen Staates ist. Das Grundgesetz, Grunnlov genannt, ist übrigens nahe Oslo ausgearbeitet worden, auf dem historischen Landgut Eidsvoll Verk.

 

 

Norwegen war bis dahin zu diesem Zeitpunkt in einer Personalunion mit Dänemark. Dänemark musste das Land nach der der Niederlage im Krieg aber an Schweden abtreten. Island, Färöer und Grönland, die einst zu Norwegen gehörten, wurden Dänemark zugeschlagen.  Weil Norwegen die Entwicklungen fürchtete, wollte es deshalb schon zuvor unabhängig werden, damit gestaltete es sich aber schwieriger.

 

Eine völlige Unabhängigkeit war für Norwegen nicht durchsetzbar, weshalb Norwegen doch eine Personalunion mit Schweden eingehen musste. Norwegen durfte seine eigene Verfassung einführen, hatte aber gemeinsam mit Schweden dasselbe Staatsoberhaupt. Faktisch unabhängig wurde Norwegen durch den Vertrag von Karlstad am 23. September 1905. Da Norwegen in der Zeit der Personalunion mit Schweden aber schon deutlich mehr Rechte als eigener Staat hatte und wenig gegeißelt wurde als durch Dänemark, wird heute die Unabhängigkeit von Dänemark gefeiert, nicht die von Schweden.


Norwegen feiert den 17. Mai: Es geht schon am Vortag los

Genug Geschichte, zurück zum Jetzt: Der 17. Mai gilt heute in Norwegen als Nationalfeiertag und für viele Norweger ist es der wichtigste Tag des Jahres. Das ganze Land feiert dann nämlich eine riesige Party.

 

Bei vielen fängt die Party schon am Vorabend an. Der 16. Mai ist bei jungen Leuten sehr beliebt - alle sind daheim und fast jeder hat am Feiertag - ähnlich wie hier in Deutschland am 30. April, wo gerne die Walpurgisnacht gefeiert wird (die feiert man in Norwegen übrigens auch, der 1. Mai ist auch dort ein Feiertag). 

 

Am 16. Mai steht vor allem Zeit mit Freunden an. Viele der Mittzwanziger und Mittdreißiger treffen sich und gehen entweder schick essen und danach noch tanzen in einem Club oder aber man trifft sich bei Freunden bei jemandem zu Hause. Grillabende bei Freunden im Garten oder am Oslofjord sind sehr beliebt - zumindest in der Gegend rund um Oslo.

 

Ich habe bisher einmal die Feiereien vor dem 17. Mai erlebt. Mit einer Freundin und zwei ihrer Freundinnen war ich an der Aker Brygge in Oslo Tapas essen - das war unfassbar teuer, aber einmal im Jahr kann man sich das ja gönnen. Wir haben viel zu viel Wein getrunken und ich frage mich bis heute, wie ich es am nächsten Morgen so früh aus dem Bett geschafft habe. 


Start in den 17. Mai: Sektfrühstück mit Nachbarn

Es gibt verschiedene Traditionen, in den 17. Mai zu starten. Es kommt vor allem auf das Umfeld an, in dem man wohnt und natürlich auf das Alter. 

 

Viele der Mittzwanziger und Mittdreißiger, die noch keine eigene Familie haben, starten mit einem Champagner-Frühstück in den 17. Mai. Frühstück ist dann auch ein eher dehnbarer Begriff, meist handelt es sich eher um Brunch oder Lunch.

 

Familien hingegen treffen sich oft zum Frühstück mit der Nachbarschaft, jeder bringt etwas mit, gemeinsam wird die Fahne an der Straße gehisst und die Nationalhymne gesungen. In der Kleinstadt Asker, wo ich den 17. Mai bisher zweimal gefeiert habe, ist das jedenfalls Tradition. Morgens schon vor 7 Uhr sind alle Anwohner der Straße versammelt, es gibt Waffeln und Boller (Rosinen- und Schokobrötchen), dazu Tee, Kaffee und Saft. 

 

 


Nationalstolz und Nationalhymne: So feiert Norwegen

Gemein ist aber eigentlich allen, dass für den Nationalfeiertag in Norwegen die Tracht herausgeholt wird, Budnad genannt. Jedes Mädchen und jede Frau hat eine Budnad im Schrank hängen, auch die Männer kleiden sich eher traditionell oder eben schick im Anzug. Die Haare von Mädchen und Frauen sind oft geflochten und jeder ist mit Fähnchen oder anderem norwegischen Schmuck in Nationalfarben ausgestattet.

 

Für uns Deutsche kann der Nationalfeiertag in Norwegen deshalb auch etwas befremdlich wirken. Man hört permanent die Nationalhymne und die Nationalfarben sind omnipräsent - überall ist mit Flaggen geschmückt und den rot-weiß-blauen Dekorationen kann man sich nicht entziehen. 

 

Für die Norweger hingegen ist die Feier des 17. Mai ein großes Highlight. Sie haben keine Nazi-Vergangenheit wie wir Deutsche und können deshalb auch unbelasteter mit der Situation umgehen. Beeindruckt hat mich aber, dass dieses Fest eher ein Zusammensein ausdrückt - ich als Deutsche wurde sofort überall inkludiert, war auf allen Festen und Feiern willkommen, auch wenn ich keine Budnad trug. Der 17. Mai ist trotz Nationalhymne und Nationalflagge kein nationalistischer oder extremistischer Tag, es geht vielmehr darum, ein Fest für Kinder zu feiern und Kindern Dankbarkeit dafür zu vermitteln, in Norwegen zu leben. Es ist ein Tag, an dem die Gesellschaft zusammenrückt und miteinander feiert, unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Einheimischen, einen Zugezogenen oder einen fremden Reisenden handelt.


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Umzüge in ganz Norwegen: Der 17. Mai als Tag der Kinder

Nach dem Frühstück in kleinerer Runde geht meist die eigentliche Feier los. 

 

Schulkinder gehen zu ihren Schulen, um an den lokalen Festzügen teilzunehmen. Die Kinder winken mit Fähnchen und wer ein Instrument spielt, spielt es auch auf dem Umzug. Manche laufen also nur mit, andere sind auch mit Darbietungen dabei.

 

Die kleineren Umzüge, vor allem in den norwegischen Vorstädten, finden oft schon morgens oder vormittags statt, und das in der Regel innerhalb des Stadtteils oder der Kleinstadt, in der die Schulen liegen.

 

In Asker gibt es mehrere dieser Umzüge. Ich habe den einen lokalen Zug gesehen, der von dem Stadtteil Høn nach in den Stadtteil Nesbru führt, aber das ist nur einer von vielen. Ich war dort, weil die Kinder meiner Aupair-Familie dort zur Schule gehen.

 

Im Anschluss an die Parade wird auf dem Schulhof gesungen und musiziert, es gibt allerlei Essen und Spiele für die Kinder. Einige Familien verbringen den ganzen Tag dort - und es gibt auch genug Action, um den Tag auszuhalten. Manche Schüler haben Programm vorbereitet, andere wiederum spielen Sackhüpfen oder einfach auf dem Spielplatz. Oft ist ein richtiger Parcours an Mitmach-Spielen aufgebaut. Alkohol gibt es hier übrigens in der Regel nicht.


So feiert Oslo den norwegischen Nationalfeiertag 17. Mai

Andere wiederum verbringen nicht den ganzen Tag am gleichen Ort. Viele nämlich, vor allem in der Region rund um die norwegische Hauptstadt Oslo, begeben sich im Anschluss an die Parade vor der Haustüre nach Oslo. Dort steigt am Mittag die große Parade.

 

Zahlreiche Schulen aus dem Gebiet sind dabei, es wird musiziert und die Fähnchen werden geschwenkt. Die Kinder, die mitlaufen dürfen, sind richtig stolz.  

 

Tausende Besucher kommen jedes Jahr nach Oslo, um die große Parade zu sehen, die über die Fußgängerzone Karl Johan Gate zum Schloss führt. Die Besucher stehen in ihren schicken, traditionellen Kleidern am Rande und winken mit den Fähnchen jenen, die am Umzug teilnehmen. Allerdings fehlt eines, was hierzulande die Partys oft eskalieren lässt: Außer den Russ, dazu gleich mehr, sieht man so gut wie keine Betrunkene, auch gibt es Alkohol an diesem Tag nicht zu kaufen.

 

Der Umzug führt unter anderem über die Karl Johan Gate am Königlichen Schloss vorbei, wo die Königsfamilie stundenlang auf dem Balkon steht und winkt. Das war auch meine erste Begegnung mit den Royals: Bei meiner ersten 17.-Mai-Feier im Jahr 2005 stand ich nämlich auch auf dem Schlossplatz (dafür muss man Tickets reservieren - sie kosten zwar nichts, aber der Zugang ist mangels Platz begrenzt) und habe König Harald, Königin Sonja, Kronprinz Haakon, Kronprinzessin Mette-Marit und ihrem Sohn Marius zugejubelt.

 


Russ: Die spektakuläre Bus-Parade der Abiturienten

Wer sich nach der gr0ßen Parade bereits auf den Heimweg macht, verpasst etwas. Denn im Anschluss an diese eher an Familien gerichteten Feiern startet ein erneuter Umzug: Die Schulabgänger, Russ genannt, feiern das große Finale der Russetida (der Russe-Zeit)! 

 

Das Ende der Schulzeit wird in Norwegen sehr speziell gefeiert. Die Abiturienten schließen sich nämlich in Gruppen zusammen und fahren traditionell vom 1. bis zum 17. Mai mit ihren selbst gestalteten Bussen durch Norwegen. Die Busse sind ausrangierte Fahrzeuge, die in fahrende Discos, teilweise mit Schlafmöglichkeiten, umgebaut werden. Es soll Busse geben, die mehr als eine Million Euro gekostet haben.   

 

Unterwegs auf ihren Touren durch Norwegen erledigen die Russ verschiedene Aufgaben, die oft mit Alkohol und Sex zu tun haben. Es gibt einen Katalog an "Mutproben", russeknuter, und für jeden erfüllten Punkt gibt es einen Button an die Uniform. Die traditionellen Latzhosen verraten übrigens, auf welche Schule der oder die Russ geht: Rot steht für Schüler und Schülerinnen der allgemeinen Schulen, blau für Wirtschaftsschulen, grün für naturwissenschaftliche Schulen, schwarz für Berufsschulen - und gelb tragen die Organisatoren des "russestyre".

 

Es ist schon enorm verrückt: Oft feiern die Russ zwei bis vier Wochen lang intensiv mit viel Alkohol - allerdings vor ihren Prüfungen (die starten meist ab dem 19. oder 20. Mai, also direkt im Anschluss). Das Finale der Russetida ist dann der 17. Mai, wo auf der Parade in Oslo der schönste, lauteste, skurrilste Bus gekürt wird. Wer also die Busparade der Russ in Oslo anschaut, bekommt quasi ein Best-Of - inklusive sehr vieler Schnapsleichen.

 


Nationalfeiertag in Norwegen: Der Tag klingt am Grill aus

Während der gesamte Tag eher auf Kinder ausgerichtet ist (selbst bei der Bus-Parade der Russ stehen die Kinder oft am Rande und bestaunen die bemalten und umgebauten Fahrzeuge), geht es am Abend dann eher geselliger und launiger zu - dann auch mit Alkohol. 

 

Der Abend des 17. Mai klingt für viele Norweger bei Grillfesten in der Nachbarschaft oder bei Freunden aus. Ich fand diese Abende immer herrlich, wobei ich bisher auch nur super tolles Wetter erwischt habe. Zudem ist am 17. Mai ja schon recht lange hell, auch in der Gegend um Oslo - so macht ein Grillabend dann richtig viel Spaß. Auch hier gilt: Ich war immer und überall willkommen, es stand nie zur Debatte, dass ich - selbst als ich noch Aupair war - nicht eingeladen werde. Jahre später war ich mit meinem Freund zum 17. Mai in Norwegen - und obwohl ich die Nachbarn einige Jahre nicht gesehen hatte, war ich zusammen mit meinem Freund eingeladen auf Würstchen und Bier. Ganz im Grundgedanken des Nationalfeiertags: Das Zusammensein mit allen Menschen feiern, die Norwegen mögen.

 

Nicht nur private Grillparty stehen dann hoch im Kurs. Auch die Innenstadt von Oslo ist am Abend noch voll von feierwütigen Menschen, vor allem jüngeren, die keine eigene Familie haben. Sie feiern dann in den Clubs der Hauptstadt.


Hast du schon einmal irgendwo einen Nationalfeiertag erlebt?

Du möchtest mir etwas zu dem Artikel sagen? Du hast eigene Gedanken und Anregungen, oder auch Kritik, die du einbringen möchtest? Ich freue mich über deinen Kommentar. 


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Kommentare: 4
  • #1

    Katja Wegener (Samstag, 03 Oktober 2020 11:40)

    Ich mag Traditionen sehr. Besonders in der Kombination aus modern und traditionell.
    Wie ist es denn in Zeiten von Corona? Die Umzüge entfallen ja sicher, doch werden sie online irgendwie gespielt?
    Ich hoffe es irgendwann auch mal nach Norwegen zu schaffen :-)

    Liebe Grüße, Katja

  • #2

    Tanja L. (Samstag, 03 Oktober 2020 11:42)

    Ach, in Norwegen feiern die Schüler schon vor Bestehen der Prüfung? Na, die sind ja zuversichtlich. :P Bei uns gabs erst danach die große Party. Aber die Idee mit den Bussen ist cool, das würde ich ja auch gerne mal sehen. Ich mag traditionelle Feste und finde es immer sehr spannend darüber zu lesen. Vielleicht schaffe ich es ja auch einmal hin um es mir persönlich anzusehen. Mal schauen. Klingt jedenfalls nach ner Menge Spaß!

  • #3

    Renate Kraft (Samstag, 03 Oktober 2020 11:43)

    Das ist ja wirklich interessant. Einen Tag der Verfassung zu feiern, wäre auch bei uns mal eine gute Idee, finde ich. Wenn Corona nicht wäre, wäre ich jetzt vielleicht in Norwegen. Aber ich nehme es als Tipp fürs nächste Jahr. Bestimmt toll, an diesem Tag in Oslo zu sein...
    LG Renate von www.trippics.de

  • #4

    Barbara (Samstag, 03 Oktober 2020 11:44)

    Spannender Beitrag, wird wohl leider dieses Jahr nicht so gefeiert werden können.