Zugegeben - mit der norwegischen Netflix-Serie "Weihnachten zu Hause" ("Hjem til jul" / "Home for Christmas") haben viele schon einen Eindruck von der Weihnachtszeit und der Vorweihnachtszeit in Norwegen. Dennoch will ich in meinem Beitrag ein bisschen was zum Fest in Norwegen erzählen, denn die Advents- und Weihnachtszeit in Skandinavien ist geprägt von vielen Traditionen, auf die noch heute großen Wert gelegt wird. In Norwegen beginnen schon lange vor Heiligabend die Vorbereitungen für den großen Festtag - unter anderem mit ausgiebigem Alkoholkonsum. Gefeiert wird an Heiligabend sodann mit Milchreis und "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel".
Weihnachten in Norwegen: Juletid und Adventszeit
Die juletid – die Weihnachtszeit in Norwegen – beginnt schon vor dem 1. Dezember. Bereits im November finden die ersten julebord, worunter die Deutschen eine Weihnachtsfeier verstehen würden, statt. Firmen und Vereine laden zum Weihnachtsbuffet und es wird ausgelassen gefeiert.
Absurd: Da Alkohol und Restaurantbesuche in Norwegen sehr teuer sind, kennt so manch einer seine Grenzen nicht und genießt etwas zu ausgiebig, wenn der Chef zahlt. Was eigenartige Folgen mit sich bringt: Die Scheidungsraten und die Zahl der Entlassungen sind zwischen Dezember und Januar überdurchschnittlich hoch.
Der 13. Dezember ist der Tag der Heiligen Lucia. Das Lucia-Fest stammt eigentlich aus Schweden, wird heute aber auch in Norwegen gefeiert. Kinder ziehen sich weiß und silber an und gehen im Kindergarten und in der Schule mit Kerzen auf die Straßen. Dabei singen sie Lucia-Lieder und essen Lussekatter - Gebäck.
Wie auch in Deutschland haben norwegische Kinder in der Regel einen Adventskalender. Manchmal besteht er aus einer Orange, die 24 Nelken enthält. Viel öfter jedoch verstecken sich hinter den Türchen Schokolade oder kleine Spielsachen.
In der Adventszeit ist es außerdem Tradition, sieben Sorten Weihnachtsplätzchen zu backen. Darunter befindet sich auch der Julekaker, eine Art Christstollen.
Auch das pepperkakehus, Pfefferkuchenhaus, gehört zu einem norwegischen Weihnachtsfest. Dafür backt jede Familie ein Haus aus Pfefferkuchenteig und klebt es mit Karamell zusammen. Verziert mit Smarties, Gummibärchen und anderen Süßigkeiten, steht es meist bis lange nach Weihnachten, ehe es mit dem Hammer zerschlagen wird.
Inzwischen haben viele Kinder nicht mehr einfach nur eine eigene Kreation, sondern bauen Häuser aus bekannten Fernsehserien, wie etwa das Haus des Mummitrollet, nach.
Ganz besonders ausgiebig wird die Tradition mit den Lebkuchen in Bergen im Westen von Norwegen gelebt. Dort bauen jedes Jahr Einwohnerinnen und Einwohner die größte Lebkuchenstadt der Welt auf - mit mehr als 2000 einzelnen Gebäuden aus Lebkuchen. Das Lebkuchendorf ist der Stadt Bergen nachempfunden. Besucherinnen und Besucher können Pepperkakeby im Einkaufszentrum Xhibiton im Berger Stadtzentrum auch besuchen: Geöffnet ist Pepperkakeby in diesem Jahr täglich vom 13. November bis zum 31. Dezember. Der Eintritt beträgt 150 NOK, umgerechnet 15 Euro.
Ähnlich dem Glühwein wird in Norwegen gløgg getrunken. Die Straßen, Häuser und Geschäfte werden weihnachtlich geschmückt und überall brennen bunte Lichter. Im Laufe der Zeit hat man einige Sitten aus Deutschland übernommen, zum Beispiel das Aufstellen des Weihnachtsbaumes. Im Osloer Stadtgebiet gibt es seit kurzem sogar Weihnachtsmärkte. Doch als typisch norwegisch kann man diese nicht bezeichnen.
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Weihnachten in Norwegen: Milchreis an Heiligabend
Die erste richtige Weihnachtstimmung kommt in Norwegen am 23. Dezember, dem lille juleaften, auf. Am Morgen wird der Tannenbaum in die Wohnung gestellt, am Abend – in der Regel von den Eltern – geschmückt. Neben den Christbaumkugeln, Lametta und Kerzen ist es üblich norwegische Fahnengirlanden an den Baum zu hängen.
Traditionell zeigt das norwegische Fernsehen am Abend Grevinnen og Hovmesteren („Dinner for one”) - also anders als bei uns in Deutschland schaut man die Sendung in Norwegen nicht zu Silvester, sondern am Abend vor Weihnachten.
Heiligabend ist auch in Norwegen der Höhepunkt der Feiertage. Wer bis dorthin seine Wohnung nicht auf Vordermann gebracht hat, wird der Legende nach von der Åsgårsreia mitgenommen.
Am Mittag des 24. Dezember gibt es in Norwegen traditionell grøt, eine Art Milchreis mit Butter, Zucker und Zimt. Im Milchreis ist eine gepellte Mandel versteckt, die aufgrund der weißen Farbe nicht zu sehen ist. Wer die Mandel in seinem Teller findet, bekommt als Belohnung ein Marzipanschwein.
Viele Familien folgen einer Tradition und stellen vor dem Essen eine Schüssel grøt für den nisse, den Weihnachtswichtel (beziehungsweise Weihnachtsmann), vor die Tür. Nisse wohnt nach Sagen in der Scheune und ist schnell verärgert, wenn er nicht ordentlich umsorgt wird.
Um 17 Uhr an Heiligabend läuten die Glocken die Weihnachtszeit offiziell ein. Norwegische Familien gehen gemeinsam zum Gottesdienst. Danach zeigt das öffentlich-rechtliche Fernsehen NRK, wie die Sølvguttene, ein Knabenchor, singen.
Anschließend nimmt die Familie zusammen das Abendessen am Weihnachtsabend ein. Je nach Region gibt es unterschiedliche Gerichte, jedoch ist das Essen überall sehr reichlich. Typische Speisen sind Schweinerippchen, Lammrippe am Spieß, Kabeljau oder Hammel in Kohl. Zum Nachtisch gibt es Sahnemilchreis. Dazu wird Schnaps und Wasser getrunken.
Außerdem gibt es juleøl, das norwegische Weihnachtsbier. Juleøl wird nur in der Vorweihnachtszeit gebraut und ist ausschließlich in der Zeit vor Weihnachten zu erwerben. Kinder trinken julebrus, eine rote Limonade, die es in Norwegen ebenfalls nur in der Weihnachtszeit gibt.
Nach dem Festessen nimmt sich die Familie an die Hand und tanzt um den Weihnachtsbaum. Wenn nicht genügend Personen vorhanden sind, werden auch Puppen und Plüschtiere mit in den Kreis genommen. Dabei singt man Weihnachtslieder wie „glade jul” (frohe Weihnachten), „deilig er jorden” (Die Erde ist schön) oder „du grønne glitrende tre god dag” (Guten Tag, du grüner glänzender Baum).
Nach dem Tanz kommt der Julenisse, Weihnachtsmann, und verteilt die Geschenke.
Weihnachten in Norwegen: Mit Wurst und Wichtel
Am Abend zeigt der Fernsehsender NRK jedes Jahr „Tre nøtter til askepott” (Drei Haselnüsse für Aschenbrödel), der auch in Deutschland zu Weihnachten gezeigt wird. Der tschechischslowakische Film ist eine böhmische Version des Aschenputtelfilms, der 1973 gedreht wurde.
Am ersten Weihnachtsfeiertag gehen die Familien morgens zur Kirche und essen am Nachmittag sehr ausgiebig, vor allem Fisch und julepølse (vergleichbar mit einer Weißwurst). Die Kinder verkleiden sich als Weihnachtswichtel und besuchen Nachbarn, um ihnen Weihnachtslieder zu singen. Als Dank erhalten sie Kuchen und Süßigkeiten.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag gibt es in Norwegen keine generelle Tradition, aber der 26. Dezember ist wie hierzulande auch noch ein Feiertag.
Weihnachtszeit in Norwegen dauert bis zum 6. Januar
Die Weihnachtszeit in Norwegen dauert bis zum 6. Januar, dem Tag der Heiligen Drei Könige. In einigen Gebieten wird bis zum 13. Januar, dem Tag des Heiligen Knut, gefeiert, das in Deutschland vor allem durch den schwedischen Möbelkonzern IKEA bekannt wurde. An dem Tag werfen die Schweden angeblich die Weihnachtsbäume aus den Fenstern (was so nicht stimmt...).
Der heutige norwegische Begriff für Weihnachten „jul” stammt übrigens nicht vom ursprünglichen Weihnachtsfest ab. In der heidnischen Zeit wurde um den 24. Dezember das winterliche Sonnenwendefest gefeiert. Dabei spielte vor allem die Sonne als Symbol eine Rolle, die als Rad (norwegisch „hjul”) dargestellt wurde. Erst später legte man das Weihnachtsfest in diese Zeit, um die heidnischen Bräuche zu verdrängen. Übrig blieb nur der heutige Name: „Jul”.
Hast du schonmal Weihnachten im Ausland gefeiert?
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Cornelia (Mittwoch, 17 November 2021 10:20)
Ich bin ja absoluter Fan von 3HfA - den Film schaue ich mir jedes Jahr an. Wußte gar nicht, dass der in Norwegen so beliebt ist. Aber dann verstehe ich jetzt, weshalb die Norweger die Story in diesem Jahr neu verfilmt haben. Bin schon auf den Film gespannt!
Janina (Mittwoch, 17 November 2021 16:41)
Hallo,
da ich die Netflix Serie nicht kenne finde ich deinen Beitrag total spannend.
Sehr schön finde ich, dass dort die Weihnachtszeit bis 6. Januar dauert ♥
Wir haben 2019/2020 Weihnachten und Silvester auf Teneriffa verbracht, das war ein wunderschönes Erlebnis!
Schön mal so ganz anders die Weihnachtszeit zu erleben.
Viele Grüße,
Janina
Jana (Mittwoch, 17 November 2021 21:06)
Von dieser Serie habe ich noch nichts gehört, dafür war dein Beitrag umso interessanter! Nach Norwegen habe ich es ja auch schon mal geschafft, allerdings zur Sommerzeit! Aber im Winter, wenn Weihnachten vor der Tür steht, muss das auch echt schön sein! Ich würde mich vor allem über das Marzipanschwein freuen :) Also Mandel ab zu mir!
Liebe Grüße
Jana
Angela (Dienstag, 23 November 2021)
Liebe Miriam,
danke fürs Mitnehmen zur Weihnachtsfeier nach Norwegen! Das Festbier und die Festlimo würden mich ja sehr interessieren. Spannend ist auch die Geschichte mit den gehäuften Scheidungen und Entlassungen! Früher habe ich Weihnachten ab und an mal im Ausland gefeiert. Am eindrücklichsten bleibt mir ein Heiligabend in einer Ruka-Hütte der Mapuche in Chile in Erinnerung. Seit ein paar Jahren feiern wir Weihnachten aber traditionell mit meiner inzwischen 84jährigen Mutter, denn es könnte immer das letzte gemeinsame Fest sein - und es ist doch irgendwie ein Familienfest ... Ich wünsche dir eine schöne Vorweihnachtszeit - wo auch immer.
Liebe Grüße
Angela
Gina | 2 on the go (Mittwoch, 24 November 2021 10:36)
Liebe Miriam,
danke für diesen insteressanten Einblick in die norwegischen Weihnachtsbräuche.
Kurios finde ich, dass Scheidungen und Entlassungen wegen der Entgleisungen auf der Weihnachtsfeier steigen.
Milchreis als Heiligabend-Essen gefällt mir, Vielleicht sollten wir das bei uns übernehmen.
Liebe Grüße
Gina
DieReiseEule (Mittwoch, 24 November 2021 11:58)
Hallo Miriam,
das ist ein spannender Weihnachtsbericht. Das mit dem Milchreis kenne ich, aber da ich keinen Milchreis mag, wäre ich da nicht dabei.
Wie die anderen auch, finde ich den Aspekt mit den Folgen des Alkoholkonsums kurios, aber irgendwie auch nachvollziehbar.
Ich feiere Weihnachten fast immer im Ausland. Wie 2019 geht es auch dieses Jahr wieder auf die Kapverden.
Das kurioseste Weihnachtsfest habe ich in Australien erlebt. Dort geht man mit Badehose und Bikini an den Strand. Fast jede/r trägt eine Weihnachtsmannmütze oder Rentiergeweihe auf dem Kopf und jede Familie nimmt einen kleinen, geschmückten, künstlichen Weihnachtsbaum mit an den Strand. Dort werden dann Weihnachtslieder gesungen und vom Band gespielt.
Liebe Grüße
Liane
Marion (Donnerstag, 02 Dezember 2021 11:50)
Liebe Myriam,
während dem Lesen deines aktuellen Artikels kam ich gar nicht mehr aus dem Staunen heraus. So viele Worte und Dinge sind mir zwar bekannt gewesen, aber das die in Norwegen entstanden sind, wußte ich nicht. Auch das Jul Rad bedeutet. Das der tschechische Weihnachtshit "Drei Nüsse für Aschenbrödel" den weiten Weg bis zu den Nordlichtern fand, finde ich bemerkenswert. Dir eine schöne Adventzeit und Liebe Grüße aus Wien,
Marion.
Mo (Freitag, 03 Dezember 2021 09:06)
Liebe Miriam,
bislang habe ich noch nie Weihnachten im Ausland erlebt. Mein Traum wäre ja mal eine gemütliche Hütte mitten im Schnee.
Der Weihnachtsessensbrauch mit Milchreis wäre gar nichts für mich. Ich esse den so schon nicht gern und dann als Festtagsessen, oh weia. Aber spannend, wie unterschiedlich da so die Traditionen sind.
Übrigens bin ich jetzt neugierig, wer die Heiligen Lucia war. Immerhin scheint sie etwas besonderes gewesen zu sein, wenn Kinder hinaus gehen und Lieder singen. Erinnert mich ein bisschen an unserer Martinssingen.
Liebe Grüße
Mo
View of my Life (Freitag, 03 Dezember 2021 11:46)
Servus Miriam, heuer werde ich auch das erste Mal die Adventszeit in einem anderen Land erleben, in Italien, da bin ich schon gespannt welche Traditionen mich da erwarten. Norwegen wäre auch alle Fälle eine Reise zur Weihnachtszeit werden, vorallem weil ich Milchreis liebe. Wäre für mich die perfekte Mahlzeit für den heiligen Abend. Liebe Grüße Claudia
Renate (Freitag, 03 Dezember 2021 13:37)
Ich kenne die Netflixserie nicht und war auch noch nie über Weihnachten in Skandinavien. Daher also alles neu für mich. Der Speiseplan am Weihnachtsabend gefällt mir am besten. Ein richtig deftiges Hammelgericht wäre genau meins. Und das Weihnachtsbier würde ich auf jeden Fall gerne probieren. Aber ich denke, da bleibt's beim Wunsch. Denn ich verbringe Weihnachten lieber in wärmeren Gefilden, dieses Jahr auf Fuerteventura.
LG Renate von Trippics
Anja (Freitag, 03 Dezember 2021 20:25)
Ach, wie spannend, liebe Miriam. So viel Norwegen und Weihnachten und Mumins ... hach, ganz nach meinem Geschmack.
Beim Titelbild hatte ich mich bereits über den Elch (und den Bären dahinter?) gefreut. Die sind bei uns seit wenigen Wochen auch sehr regelmäßig im Einsatz. Aber über die Mumins und daa Muminpfefferkuchenhaus habe ich mich riesig gefreut. Ich liebe die Mumingeschichten so sehr und bei uns ist in diesem Jahr das Buch "Weihnachten im Mumintal" neu eingezogen. Da könnte ich das Muminhaus doch glatt mal nachbacken.
Die Pfeffeekuchenstadt in Bergen gefällt mir auch sehr. Würde ich mir auf jeden Fall anschauen, wenn ich in der Gegend wäre.
Und das mit dem Marzipanschwein als Gewinn für die Mandel im Milchreis ist witzig - vielleicht eher für den nächsten Kindergeburtstag statt für Weihnachten. ;)
Herzliche Grüße
Anja von STADT LAND WELTentdecker
Sandra (Samstag, 04 Dezember 2021 15:45)
Das würde ich alles so gerne einmal erleben. Generell ist Norwegen für mich noch unbedingt ein Land, dass ich bereisen möchte zu jeder Jahreszeit.
Herzliche Grüße
Sandra